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Rachel Kushner: Flammenwerfer, Rowohlt 2015, 560 S., 22,95€.

New York Times, The Guardian, Le Monde, Die Zeit, Neue Zürcher Zeitung … Es gibt wohl kaum eine Zeitung mit gut gepflegtem Feuilleton, die nicht über den zweiten Roman von der US-Amerikanerin Rachel Kushner positiv berichtet hat. Die Lobeshymnen überschlagen sich: Während Ijoma Mangold (Zeit) den Roman als eine „Satire auf die großen Berserker der Kunstszene“ liest, bejubelt Hans-Peter Kunisch (SZ) Flammenwerfer als „wild, intellektuell, europäisch und amerikanisch“. Flammenwerfer ist jedoch so ein vielschichtiger, thematisch breiter Roman, dass es schwierig ist, ihm mit einer kürzeren Rezension gerecht zu werden. Die thematischen Koordinaten Geschwindigkeit und Geschlecht, Realität und Gegenrealität, die New Yorker Kunstszene (Kunst und Intellekt) und linksgerichteter Terrorismus in Italien (Politik und Angst) fügen sich in diesem Roman als temporeiches Konzept zusammen.

Die 22-jährige Reno lebt in zwei Welten. Sie liebt es auf Motorrädern sich selbst und die Möglichkeiten von Geschwindigkeit zu testen. Gleichzeitig zieht es sie nach New York um Kunst zu studieren und als Künstlerin zu arbeiten. Hier verliebt sie sich in den älteren Künstler Sandro Valera, ein Spross einer Motorrad-Dynastie aus Italien. Mit anderen Künstlern und Revoluzzern wird Sex und Gewalt als Performance ausgelebt, Alkohol und Drogen durchschwängern den Alltag, Künste werden in geschwätzigen Dialogen als einzige Abstrakta des Leben deklariert und generell geht es in dieser Szene nur um Kunst. Gerade die Dialoge von Flammenwerfer sind so philosophisch, tief und in ihrer grotesken Überspitzung menschlich, weil sie neben der Intellektualität der Protagonisten eine absurde Albernheit der Kunstszene zutage treten lassen.

Reno fährt schließlich mit ihrem Freund nach Italien und gerät unbeabsichtigt in die Terrorgruppe der Roten Brigaden. Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden.

Rachel Kushner kann schreiben. Fast jeder Satz ist so intelligent, durchdacht und sprachlich schön, dass man als Leser immer wieder innehalten muss, um diese Sprache auf sich wirken zu lassen. Der Roman ist aber keiner, den man nebenbei liest. Man sollte sich auf diesen grandiosen Text als Gegenrealität zum eigenen Leben mit Muße einlassen.

Nebenbei: In Los Angeles gab es eine szenische Lesung zum Roman, die erste Eindrücke schafft:

https://www.youtube.com/watch?v=irHcB9dogf8

Laura Rupp